Lieber Max,
am 14.01.15 war Dein 6.Todestag, ich habe Dir einen Brief geschrieben, ich wollte ihn erst in Dein Grab legen, aber nun ist er abgeheftet in den Fotoalben von Dir und Lotte, wie alle Briefe. Aber diesen möchte ich teilen, weil Du so ein einzigartiger Rüde namens Max warst.
Lieber Max,
heute ist der 14.01.15 und Du bist seit 6 Jahren nicht mehr bei uns. Aber vor 6 Jahren um diese Zeit, warst Du es noch. Ich erinnere mich an Deine letzte Nacht, wie schon viele Nächte davor, wurde ich von einem leisen winseln wach. Ich bin zu Dir runter gekommen, Dein Korb war leer. Du hattest wieder etwas Kot verloren, im Schlaf, dann bist Du wohl aufgewacht und hast es bemerkt. Wie immer bist Du dann aufgestanden und umhergeirrt. Du hattest Dich wieder einmal im Vorhang, der vor der Haustüre hängt, verfangen. Zuerst habe ich mich Dir langsam genähert, fest aufgetrampelt, denn Du warst ja fast taub und konntest mich nicht hören. Ich hatte zwar das Licht an, aber Du warst nahezu blind, konntest mich nicht sehen. Wenn man Dich dann einfach anfasste, bekamst Du Panik.
Also habe ich getrampelt, und Dich dann vorsichtig aus dem Vorhang gewickelt. Ich habe eine neue Decke in Deinen Korb gelegt und Dich langsam hingeführt. Vorsichtig und misstrauisch hast Du dann geschnuppert, ob alles sauber ist. Auch das war für Dich schwierig, weil Dein Geruchssinn nicht mehr so wirklich funktionierte. Aber Max, das war nicht schlimm, Du hattest Probleme mit dem Rücken, Bandscheibenvorfall, manchmal leichte Lähmungserscheinungen, da kann sowas passieren.
Morgens war Dein Jürgen mit Dir kurz draußen, Du bist wie immer an der Leine gegangen, weil Du ja sonst nicht mehr gehen wolltest. Draußen, das war für Dich eine dunkle, geräuschlose Welt, das war für Dich Stress, Angst. Seitdem Lotte tot war, ging das nicht mehr, sie war Deine Leiterin. Aber Lotte war nicht mehr da.
Als ich dann 2 Std später an Deinen Korb ging, hast Du wieder tief und fest geschlafen. Du hast nichts mitbekommen, ich konnte auch Staub saugen.
Bei unserem kleinen Spaziergang hast Du Dich, wie immer, gewehrt, Du wolltest nicht aus dem Haus, Deine einzige Zuflucht. Aber Max, Du konntest das, Deine Konstitution war sehr gut, trotz allem.
Den ganzen Tag habe ich Dich beobachtet, als Du wach warst und wieder ruhelos im Haus umhergeirrt bist, wie Du vor einer Wand standest und weintest, weil Du nicht weiterkamst und dachtest Du seist eingesperrt. Max, das war nicht schlimm, dass Du nicht mehr wusstest wo Du warst, für Dich war es schlimm, aber ich war ja immer da, Du warst nie alleine. Du hattest Alzheimer, sagte der Tierarzt, deshalb warst Du so ruhelos und deshalb hast Du vergessen wie Du Dich im Haus zurecht finden konntest.
Aber weißt Du Max, ich musste auch immer wieder an den 2 jährigen dicken langhaarigen Cockerbuben denken der Du mal warst. Daran denken, wie Du schlanker und agiler wurdest. Wie stolz und unabhängig Du warst. Mit welcher Selbstverständlichkeit Du einfach bei Nachbarn ins Haus spaziertest, wenn eine Tür offen war. Ich sah den schüchternen Cockerbuben und ich sah meinen Prinzen. Und dann sah ich Dich an, das alles warst Du, aber nur noch ein Schatten davon. Du bist dem Tod mehrmals von der Schippe gesprungen, Du hast immer gekämpft, doch um was solltest Du jetzt noch kämpfen ? Ich habe an Deinen Ohren und Füßen gerochen. Dich gestreichelt. Du schautest mit Deinen Augen in meine Richtung, aber Du sahst mich nicht. Ich redete mit Dir, aber Du hörtest mich nicht. Ich machte Dir Dein Futter, wie immer mit Babybrei, aber Du hast es alleine nicht gefunden. Max, das alles war so schlimm, weil es ja schon solange so war. Und da habe ich entschieden, dass wir Dich gehen lassen müssen.Als Jürgen nachhause kam , ist er mit Dir eine kleine Runde gegangen, dann kam er wieder und sagte, lass uns fahren. Wir haben Dich ein letztes Mal gehalten. Wir haben Deine Decke mitgenommen und dann haben wir uns verabschiedet. Wir haben Dich gehalten als Du eingeschlafen bist, als Du ein letztes Mal ausgeatmet hast. Wir haben Dich mitgenommen und einen Tag später neben Lotte beerdigt. Ihr wart wieder zusammen.
Max warum fehlst Du mir ? Warum hab ich Dich so geliebt ? Weil Du so ein dicker schüchterner Cockerjunge von knapp 2 Jahren warst als Du hier eingezogen bist ? Weil man Dich ein Jahr vorher in Italien aus einem Abwasserkanal gefischt hatte ? Weil ich wusste, dass Du erst in Italien, dann in Deutschland auf einer Pflegestelle warst, dann vermittelt wurdest . Dein neues Frauchen nach einen Jahr gestorben ist, Du wieder auf einer Pflegestelle warst? Weil ich wusste, dass Du nichts willst, als ein zuhause und nicht immer rumgereicht werden willst. Weil Du immer Verlustängste hattest ? Du hast nach mir geschnappt, mich sogar einmal gebissen, aber Max, Du hattest keine schöne Vergangenheit. Ich habe Dich geliebt, weil Du mein Max warst. Du hattest soviel Liebe in Deinem Herzen, Du warst anhänglich, treu, liebevoll, aufmerksam und hattest Deinen Stolz. Du durftest anders sein, als andere Hunde, Du musstest nicht einfach zu händeln sein, nein, das musstest Du nicht. Und genau deshalb habe ich Dich so geliebt, wegen all den Dingen, die Dich ausgemacht haben.
Aber genau weil wir Dich geliebt haben, haben wir Dich gehen lassen. Herzkrank, starke Rückenprobleme, Nieren nicht mehr richtig gesund, blind, taub, Geruchssinn nur noch minimal, Alzheimer, jeder Spaziergang ein Stressfaktor.
Du und Lotte, Ihr seid unvergessen, in jedem Zimmer steht ein Bild, im Flur hängen viele Bilder von Euch, Ihr seid immer hier und für immer in unserem Herzen.
Deine Anja