In Erinnerung an Linus
Linus, wie ich ihn in seinen Wochen hier genannt habe, ist über die Regenbogenbrücke gegangen. Er wurde in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober 07, nach einer Überschwemmungskatastrophe an der Adria, entsorgt. Linus "flog" über den Zaun des Tierheims in Alba Adriatica und landete zu seinem Glück im Welpengehege, sonst hätte er die Nacht vermutlich nicht überlebt. Eine Verschlechterung seiner Lebensumstände dürfte es kaum gewesen sein. Das Leben in einem Haus oder einer Wohnung hatte er wohl nie kennenlernen dürfen. Und im Canile gab es immerhin regelmäßig Futter.
Als er im Dezember hier eintraf, waren seine Rippen immer noch gut zu fühlen und die Wirbelsäule trat deutlich hervor. Vom Desinteresse seiner Besitzer zeugte auch ein uralter unbehandelter Bruch am Hinterbein. Er muss Linus die vielen Jahre Schmerzen bereitet haben, die Muskulatur der Hinterhand hatte sich zurückgebildet, weil er die Hinterbeine wohl kaum noch benutzt hatte. Das gebrochene Bein war inzwischen verkürzt, das andere stellte er einwärts. Wenn er sich umdrehte, knickte er meistens um. Nach unserer Vorstellung kam er also nicht gerade aus liebevoller Tierhaltung. Das immer wieder Unverständliche ist, dass ein Tier trotzdem an diesen Menschen hängt und sie vermisst. Die Überschrift "Sehr trauriger alter Cocker" traf leider voll ins Schwarze. Linus war sehr alt und litt unendlich an dieser Situation, die er nicht verstehen konnte.
In den Wochen, die er bei uns lebte, hat er neben einem warmen Platz viele Streicheleinheiten und bestes Futter bekommen. Linus war ein Gourmet. Eine Putenkeule wusste er zu schätzen. Und wenn es nach Hähnchen duftete, hielt er sich nicht im Hintergrund, sondern klebte in vorderster Front am Herd. Für solche nie gekannten Genüsse brachte er vollen Einsatz. Was das Futter betraf, war er mäkelig. Da sein Magen-Darm-Trakt auch sehr sensibel reagierte und er das BARF-Futter von Nadir nicht vertrug, hat er sich fast ausschließlich von Hähnchen, Reis und Rindergulasch (vom Hundefutter-Stand) ernährt. Er hat über so viele Jahre wohl nur Futter bekommen, wenn seinen Besitzern gerade nichts Besseres einfiel, warum sollte er es nicht auf seine kurzen letzten Tage noch einmal besser haben? Und Linus ließ sich jeden einzelnen Bissen schmecken. Er verputzte sein Futter nicht, wie die meisten Hunde, in einem Durchgang. Linus nahm einen Happen, kostete ihn und blickte dabei von rechts nach links, dann kam der nächste Bissen. Das brachte Nadir, den Verfressensten aller Cocker, schier zur Verzweiflung.
Aber gutes Futter und liebevolle Fürsorge konnten Linus nicht über seinen Kummer hinwegtrösten. Wäre er zwei Jahre jünger gewesen, hätte er sich vielleicht noch umstellen und einleben können. Aber einen alten Baum verpflanzt man bekanntlich nicht. Linus suchte unablässig nach seinen früheren Besitzern. Und er wollte laufen, laufen, laufen... es schien, als wollte er zurück an die Adria laufen. Durch die Bewegung und ein Schmerzmittel hatte sich die Muskulatur schon wieder ein wenig aufgebaut. Aber plötzlich spielte sein Herz nicht mehr mit, trotz einer Tablette, die ihm anfangs gut auf die Sprünge geholfen hatte. Und auch seine Nieren versagten, er roch aus dem Maul bereits leicht nach Urin. Ich musste Linus am 15. Februar einschläfern lassen. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit ihm verbracht, er war ein so sanfter und altersweiser Hund. Ich hoffe, er hat nun seine Ruhe und seinen Frieden gefunden.
LG Monika