Freude

schöne und traurige Gedichte, die vielleicht ein wenig trösten

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Freude

Beitragvon Inge » Do Mär 27, 2008 8:32 am

Zwei Herren, beide ernsthaft erkrankt, belegten dasselbe Krankenzimmer.
Einer der Herren hatte die Erlaubnis, sich jeden Nachmittag für eine
Stunde aufzusetzen, damit die Flüssigkeit aus seiner Lunge abfließen
konnte. Sein Bett stand am einzigen Fenster des Raumes.
Der andere Herr musste die ganze Zeit flach auf dem Rücken liegen.
Letztendlich unterhielten sich die beiden Männer stundenlang.
Sie sprachen von ihren Frauen und Familien, ihrer Heimat, ihren Jobs,
ihrem Militärdienst und wo sie im Urlaub waren.

Jeden Nachmittag, wenn der Herr im Bett am Fenster sich aufrecht
hinsetzte, ließ er die Zeit vergehen, indem er seinem Zimmernachbarn all die
Dinge beschrieb, die er Draußen am Fenster sah.

Der Herr im anderen Bett begann aufzuleben in jeder dieser Stunden, wo
seine Welt erweitert und belebt wurde durch all die Geschehnisse und
Farben der Welt dort draußen..

Das Fenster überblickte einen Park mit einem schnuckeligen See. Enten
und Schwäne spielten auf dem Wasser während Kinder ihre Modellboote
segeln lie*en. Junge Verliebte bummelten Arm in Arm durch die unzählig
bunten Blumen und eine schöne Aussicht auf die Silhouette der Stadt lag am
Horizont.

Wenn der Herr am Fenster all dies beschrieb mit allen kleinsten
Details, schloss der Herr auf der anderen Seite im Raum die Augen und stellte
sich die bildhaften Szenen vor.

An einem warmen Nachmittag beschrieb der Mann am Fenster eine
vorüber ziehende Parade.

Obwohl der andere Herr die Kapelle nicht hören konnte, konnte er sie
vor seinem geistigen Auge sehen, während der Herr am Fenster sie mit
anschaulichen Worten beschrieb.
Tage, Wochen und Monate vergingen.

Eines Morgens, die Tagschwester kam um Wasser für das Bad zu bringen,
fand sie den leblosen Körper des Herrn am Fenster, der friedvoll in
seinem Schlaf verstorben ist.

Sie war traurig und rief die Bediensteten, um die Leiche wegbringen zu
lassen.

Nach einer angemessenen Weile fragte der andere Herr, ob man ihn ans
Fenster verlegen könnte. Die Schwester war erfreut über den Tausch und
nachdem sie sich vergewisserte, dass er sich wohl fühlt, ließ sie ihn
allein.


Langsam, schmerzvoll stützte er sich auf einen Ellenbogen um seinen
ersten Blick auf die echte Welt draußen zu richten.

Er strengte sich an, sich langsam zu drehen um aus dem Fenster am Bett
zu gucken. Es zeigte auf eine leere Wand.


Der Mann fragte die Schwester, was seinen verstorbenen Zimmernachbarn
veranlasst hatte, ihm so wundervolle Dinge von draußen vor dem Fenster
zu erzählen.

Die Schwester erwiderte, dass der Herr blind war und nicht einmal die
Wand sehen konnte.

Sie sagte "Vielleicht wollte er Sie nur aufmuntern."

------ > Es ist eine riesige Freude, andere glücklich zu machen, ungeachtet unserer eigenen Situation. Geteiltes Leid ist halbes Leid, doch Freude, wenn geteilt, ist doppelte Freude.
Mittlerweile ist schon so viel Gras über viele Dinge gewachsen,
dass man keiner Wiese mehr trauen kann. (John Ment)


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Beitragvon Tracey » Do Mär 27, 2008 8:41 am

:flenn: :flenn:
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.
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Beitragvon Karin » Do Mär 27, 2008 9:04 am

:cry: :cry: :cry:
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Beitragvon Urblo » Do Mär 27, 2008 10:36 am

Schön - und stimmt

GETEILTE FREUDE IST WIRKLICH DOPPELTE FREUDE

(seht ihr nicht das Positive?)
Urblo
 

Beitragvon Martina » Do Mär 27, 2008 10:41 am

schön und rührend
Die Peitsche hat er mitgebracht und hält sie sorglich sehr in Acht!

mit freundlichen Grüßen

Martina
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Beitragvon Inge » Do Mär 27, 2008 10:41 am

Urblo hat geschrieben:Schön - und stimmt

GETEILTE FREUDE IST WIRKLICH DOPPELTE FREUDE

(seht ihr nicht das Positive?)


eben

ist doch wirklich nicht zum Heulen sondern zum Freuen :wink:
Mittlerweile ist schon so viel Gras über viele Dinge gewachsen,
dass man keiner Wiese mehr trauen kann. (John Ment)


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Beitragvon Tracey » Do Mär 27, 2008 13:24 pm

ich hatte richtig Gänsehaut.. :(
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Beitragvon schoschana » Do Mär 27, 2008 13:31 pm

Trotzdem: :(
Schöne Grüße von
Annette und der ganzen Hundeschar

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Beitragvon NEMO » Do Mär 27, 2008 23:50 pm

Wundervolle Geschichte, die sehr viel Mut macht, finde ich. Und zeigt, daß es sich lohnt, nicht immer nur an sich selbst zu denken. :wink:
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